
K O N T A K T

„Es gehört oft mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern als ihr treu zu bleiben.“
Christian Friedrich Hebbel
deutscher Dichter

Doch ein Schuldgefühl bedeutet nicht unbedingt, dass man wirklich schuldig ist
Wenn sich jemand schuldig fühlt, kann das anderen sehr große Macht verleihen, denn der Schuldige hat die Tendenz, seine Schuld durch Ausgleich oder Sühne zu tilgen. Doch ein Schuldgefühl bedeutet nicht unbedingt, dass man wirklich schuldig ist. Aus der Familientherapie ist bekannt, dass sich Kinder oft für die Trennung ihrer Eltern schuldig fühlen. Dabei liegt der Grund für die Trennung in fast allen Fällen bei den Eltern. Die Kinder nehmen die schwerwiegenden Konsequenzen einer Trennung der Eltern für das Familiensystem und damit ihr eigenes Leben wahr. Es entsteht tatsächlich eine große Last, die auf ihren Schultern ruht und die sie gerne ändern würden. Doch es fehlt ihnen oft die Macht, irgendetwas gegen die Entwicklungen zu tun. Sie fühlen sich schuldig, weil sie gegen das, was völlig nachvollziehbar im Familiensystem nicht stimmt, nichts oder nur wenig tun können. Doch schuld sind sie daran nicht.
Wie dieses Beispiel zeigt, sind die Zusammenhänge, die zu Schuldgefühlen führen, oft sehr komplex und haben in vielen Fällen systemische Hintergründe. Das Funktionieren eines Systems hängt von allen Mitgliedern des Systems ab. Die Verantwortung, für das, was passiert, ist auf viele Personen verteilt. Daher hilft es meist wenig, einer einzelnen Person oder Gruppe innerhalb des Systems die Schuld für negative Entwicklungen zu geben. Doch genau das passiert, wenn bestimmte Personen oder Personengruppen zu Sündenböcken gemacht werden. Wenn der Schuldige ausgemacht ist, kann man im System so weiter machen wie bisher. Alles wunderbar. Leider nicht, denn das eigentliche Problem wirkt im Verborgenen weiter und nimmt als kalter Konflikt in vielen Fällen sehr destruktive Formen an. Nicht selten sind es gerade diejenigen im System, die viel Macht auf ihre Person vereinen, die diesen Mechanismus der Schuldzuweisung zu ihrem Vorteil nutzen. Dabei übersehen sie aber, dass auch ihr Wohl à la longue vom Wohlergehen des Systems abhängt.
Bleibt die Frage, was man bei auftretenden Schuldgefühlen wirklich tun kann und wo das eigentliche Problem im System verborgen liegt?